Exkurs frühkindliche Reflexe: Moro

Eltern fragen mich in meiner Praxis häufiger nach der Funktions- und Wirkungsweise der frühkindlichen Reflexe. Ich habe mich daher entschlossen, eine kleine Serie über ausgewählte frühkindliche Reflexe zu schreiben. Den Anfang mache ich heute mit dem Moro, dem Schreckreflex. Dieser entsteht im ersten Schwangerschaftsdrittel und ist etwa bis zum vierten Lebensmonat aktiv. Er ermöglicht dem Baby mit dem ersten Schrei den ersten Atemzug.

 

Immer unter Strom

Ist der Moro über den vierten Lebensmonat hinaus aktiv, bedingt er einen unausgereifte Schreckreaktion. Oder anders gesagt, betroffene Kinder sind in ständiger Alarmbereitschaft. Mit allen physiologischen Konsequenzen wie beispielsweise stark schwankende Zuckerspiegel, die zu Heißhungerattacken und hohem Süßigkeitenkonsum führen. Oder erhöhter Herzfrequenz, die zu stärkerem Schwitzen, Ein- und Durchschlafproblemen führt.

 

Multiple Auslöser, wenig Reaktionsmuster

Der Moro kann grundsätzlich durch alles Unerwartete ausgelöst werden. Zum Beispiel durch Hautreizungen, veränderte Lichtverhältnisse, unerwartete Geräusche, plötzliche Bewegungen oder einen anderen Geschmack als erwartet. Ist er einmal angesprungen, habe ich nur noch sehr eingeschränkte Reaktionsmuster zur Verfügung:

  • ich kämpfe und werde aggressiv
  • Ich fliehe und fange an zu weinen
  • Ich stelle mich tot und reagiere gar nicht mehr

In meiner Praxis erlebe ich zwei unterschiedliche Moro-Typen. Der eine erlebt seine Angst und zeigt diese auch. Der andere versteckt sein Angst gemeinsam mit seinem weichen Kern hinter dicken Schutzmauern. Die zweite Variante kommt tendenziell eher bei Jungs vor. In jedem Fall ist Vorsicht geboten. Diese Kinder sind bei weitem nicht so unverletzlich, wie sie tun. Ganz im Gegenteil!

 

Schlechte schulische Leistungen

Auch auf die schulischen Leistungen hat der Moro Einfluss. Diesen Kindern fehlen aufgrund ihres ständigen Erschreckens Neugier, Entdeckergeist und der Spaß am Lernen. Sie empfinden alle Geräusche und alles Gesprochene als gleich wichtig und deutlich zu laut, können nicht filtern. Am liebsten würde sie aus dem Klassenzimmer rennen, müssen aber still sitzen bleiben. Da der Moro unter anderem auch Einfluss auf die Funktionen der Augen nimmt, können betroffene Kinder in Prüfungssituationen eventuell plötzlich nicht mehr lesen. Dies wiederum befeuert Prüfungsängste. So wird der Schulalltag zur Herausforderung, generell kann den Anforderungen in Schule und Familie kaum stand gehalten werden. Leistungen können nur kurzzeitig erbracht werden und führen zu starker Ermüdung.

 

Erste Hilfe

Den Eltern dieser Kinder rate ich zu möglichst geregelten Tagesabläufen und wiederkehrenden Ritualen. Das gibt den Kindern eine gewisse Sicherheit und beruhigt sie, das sie wissen, was sie erwartet. Und wenn ein Kind einmal Vermeidungs- oder Verweigerungstaktiken greift, sind Druck und Zwang fehl am Platz. Das Kind stellt sich nicht an, ihm fehlen schlicht die Handlungsalternativen.

 

Verwächst sich das?

Meiner Erfahrung nach verwächst sich das nicht. Lediglich der Umgang mit den eigenen Ängsten und dem Mangel an Handlungsalternativen wird sich im Laufe der Zeit ändern. Ich mache in meiner Praxis allerdings auch die Erfahrung, dass sich die frühkindlichen Reflexe mit gezieltem Training regelhaft ablösen lassen.

 

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