Ich spreche in meiner Praxis häufig mit Eltern, deren Kinder sich einfach nicht an die Klassenregeln halten. Stattdessen kaspern sie herum und stören den Unterricht. Klar, das gibt irgendwann Probleme mit der Schule.
Schauen wir uns ein Beispiel an: Max (Name frei erfunden) besucht die erste Klasse der örtlichen Grundschule. Von Anfang an war er schwer zu bändigen und eher der Kassencolwn. Er hatte einfach immer Quatsch im Kopf. Dabei war er so kreativ, dass seine Lehrerin innerlich manchmal schmunzeln musste.
Max war alles in allem ein helles Köpfchen. Wenn ihn ein Thema interessierte, konnte er sich regelrecht darin verbeißen. Aber wehe wenn er sich langweilen musste! Dann alberte er nur herum, rannte durchs Klassenzimmer und störte die anderen Kinder.
Die Vorgeschichte
Die Situation hatte sich bereits zu Schuljahresbeginn, kurz vor den Herbstferien zugespitzt. Mehrere Eltern der anderen Kinder hatten sich beschwert, dass ihre Kinder durch Max dermaßen gestört würden, dass lernen für sie unmöglich würde. Dabei hatten sie sich nicht an die Elternvertreter oder die Klassenlehrerin gewandt, sondern gingen sofort zur Rektorin, um Max aus der Schule ausschließen zu lassen. (Ja, so etwas gibt es tatsächlich.)
Max hat das große Glück, eine großartige Mutter zu haben, die sich nicht so leicht einschüchtern lässt und wie eine Löwin für ihr Kind kämpft. Sie war den üblichen Weg gegangen, nämlich zum Kinderarzt. Dieser erklärte ihr, das Kind sei völlig gesund und der Rest einfach mangelnde Erziehung. Damit gab sie sich nicht zufrieden. Die Odyssee der Hilfesuche begann. Es dauerte ewig, bis ihr eine Bekannte, ebenfalls Mutter, empfahl, sich an mich zu wenden.
Unter Druck
Als sie mir kurz nach den Osterferien in der Praxis gegenüber sitzt und mir erzählt, dass die Eltern, die Max von der Schule haben wollen, nicht einmal das Gespräch mit ihr gesucht hätten, obwohl sich alle seit dem Kindergarten gut kannten, steht ihr die Ratlosigkeit förmlich ins Gesicht geschrieben. Sie ist hilflos, frustriert und fühlt sich alleine gelassen: Die eigene Familie sitz ihr im Nacken, dass es ihre Aufgabe als Mutter sei, hier eine Lösung zu finden. Die Schule macht Druck, es müsse endlich etwas geschehen, so sei die Situation nicht mehr tragbar. Testungen auf ADS, ADHS und ein Intelligenztest wurden schon empfohlen.
Ich weiß um den Druck, den manche Schulen machen, wenn Kinder anstrengend zu führen sind. Deshalb beruhige ich die Mutter zunächst und bespreche mit ihr die Ergebnisse meiner Grunduntersuchung. Darauf basierend erläutere ich ihr Gründe für Max Verhalten:
Klassenregeln
Max ist ein kluges Kind mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Deshalb ist es ihm wichtig, dass die Klassenregeln von allen eingehalten werden. Nun lehrt mich meine Erfahrung allerdings, dass es immer ein Kind gibt, das „irgendwie unter dem Radar fliegt“ und sich an den Regeln vorbei mogelt. Für Max, der das im Gegensatz zu seiner Lehrerin beobachtet, ist das unerträglich. In seiner Logik sind die Regeln nichts wert, wenn sie nicht für alle gelten. Also muss er sie dann ja auch nicht (mehr) beachten.
Reizüberflutung
Da Max nun mal ein kluges Kind ist, hat er mehr Potential, Reize zu verarbeiten. Noch dazu kommt, dass er unter der sogenannten „Hyperakusis“, einer extremen Geräuschempfindlichkeit, leidet. In einer Grundschulklasse ist ein Geräuschpegel von 60-70 Dezibel normal. Das entspricht in etwa der Geräuschkulisse eines Staubsaugers im Betrieb. Für Max ist das zu viel. Für ihn fühlt es sich an, als stünde er die ganze Zeit neben einem laufenden Presslufthammer. Ohne Gehörschutz. Deshalb ist er selbst auch furchtbar laut, wenn er aus der Schule kommt.
Unterforderung
Für Max wäre es besser, er könnte den Schulstoff schneller bearbeiten, am besten auch mit weniger Wiederholungen. Damit wäre seine Aufmerksamkeit besser gebündelt und er müsste sich nicht so oft langweilen. Dies ist meiner Erfahrung nach im Schulbetrieb schwer umzusetzen. Deshalb ist es für Max um so wichtiger, dass er zu Hause gefördert wird. Nicht mit Schulstoff, sondern mit allem, wofür sein Herz schlägt.
Quintessenz
Wenn Kinder aus der Reihe tanzen, zeigen sie damit meiner Erfahrung nach, dass sie mindestens ein Problem haben, das sie selbst nicht lösen können. Sie wollen niemanden absichtlich Ärgern sondern suchen Hilfe. Ich habe in meiner Praxis über zehn Jahre Erfahrung mit Kindern wie Max. Das Wahrnehmungstraining ist für mich der wichtigste und erfolgreichste Baustein bei den Lösungsansätzen.
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