Mit einem Eichhörnchen am Tisch

Immer mal wieder suchen Eltern meinen Rat, wenn Sie bei ihren Kindern ungewöhnliches Verhalten beobachten. Besonders dann, wenn das Verhalten der Kinder den Familienfrieden gefährdet und es um die immer gleichen Streitpunkte geht.

 

Jeden Abend das gleiche Schauspiel

Louis (Name frei erfunden) bringt seine Eltern beim Abendbrot regelmäßig auf die Palme. Er hält sein Brot mit beiden Händen fest und mümmelt es so, bis zum letzen Krümelchen. Es scheint ihm unmöglich, eine Hand vom Brot wegzunehmen. Seine Eltern nervt das gehörig. Der Vater findet, das sähe aus, als ob ein Eichhörnchen das Brot knabbern würde. Er sitzt Louis beim Abendbrot genau gegenüber und hat jeden Abend freie Sicht auf das Schauspiel. Egal was er sagt, womit er droht oder lockt, es ändert sich nichts. Eines Tages eskaliert die Situation. Der Vater wird laut und schimpft, Louis legt das Brot auf seinen Teller und isst gar nichts mehr. Davon fühlt sich der Vater erst recht provoziert und der Abend ist für die Familie gelaufen. Louis geht hungrig ins Bett.

Für die Eltern ist der Fall klar: Louis will provozieren und Aufmerksamkeit erhaschen. Schließlich können seine beiden Geschwister ihr Brot beim Essen ja auch mit einer Hand halten. Was soll also dieses Affentheater?

 

Mittelsenkrechte nicht kreuzen

Da das nicht das einzige Problem ist und Louis sich in der Schule schwer tut, sucht die Familie meinen Rat. In meiner Grunduntersuchung stelle ich fest, dass Louis mit noch aktiven frühkindlichen Reflexen zu kämpfen hat. Diese behindern ihn in seiner schulischen Entwicklung. Einer von ihnen macht es ihm unmöglich, seine eigene Mittelsenkrechte zu überkreuzen. Damit auch ganz sicher nichts schief geht, zwingt er Louis, beide Hände am Brot zu lassen. Nur so kann gewiss keine Hand über die Mittelsenkrechte geraten. Louis ist es also tatsächlich nicht möglich, eine Hand vom Brot wegzunehmen.

 

Lösungsansatz

Meiner Erfahrung nach hören solche Verhaltensmuster im Laufe des Wahrnehmungstrainings ganz von alleine auf. Deshalb rate ich auch diesen Eltern zur Gelassenheit. Je weniger Aufmerksamkeit sie diesem Verhalten schenken um so mehr wird sich die Abendbrotsituation für alle entspannen. Und davon profitieren dann doch alle in der Familie.

 

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