Nr. 204

Schreibschrift und visuelles System

Wussten Sie, dass die alten Samurai Kaligraphie lernen mussten? Sinn und Zweck war es präzise Schwünge zu üben. Denn wer die Schwünge auf dem Blatt, also im Kleinformat beherrscht, beherrscht sie auch in ihrer großen Ausführung mit dem Schwert.  Diese kleine Anekdote erzähle ich den Grundschülern in meiner Praxis immer dann, wenn sie sich über Schwungübungen beschweren. In unseren Grundschule dienen die Schwungübungen meist als Vorbereitung auf die Schreibschrift. Und mit der tun sich immer mehr Grundschüler schwer. Nun könnte man natürlich in Frage stellen, in wiefern das Erlernen der Schreibschrift in einer Welt voller Computertastaturen noch sinnvoll ist. Und genau deshalb erzähle ich diese kleine Geschichte so gerne. Es geht eben um mehr als „nur“ Schönschrift. Vielmehr ist es eine Frage der Auge-Hand-Koordination und der Feinmotorik. Und zum Thema Feinmotorik gleich noch ein Fun-fact: Bis ein Kind die Schreibschrift nicht ordentlich beherrscht, kann es sich mit einer manuellen Zahnbürste auch noch nicht die Zähme richtig putzen.

Schwungübungen und Augenfunktionen

Was aber haben denn nun Schwungübungen, beziehungsweise die Schreibschrift, mit den Augenfunktionen zu tun? Wenn mir Eltern im Erstgespräche von Schwierigkeiten mit den Schwungübungen oder der Schreibschrift berichten, ist da für mich ein Indiz für Probleme im visuellen System. Weshalb? Weil für saubere Schwünge saubere Seheindrücke nötig sind. Nur wenn die Grundfunktionen der Augen harmonisch als Team zusammenarbeiten, sind saubere Seheindrücke möglich. Streitet das Team um Kompetenz oder Aufgabenverteilung kann es beispielsweise zu ruckartigen oder überschießenden Augenbewegungen kommen, die unter anderem für Buchstabendreher sorgen können. Ebenso können Übergabeprobleme von der Nähe in die Ferne, wie sie beim Blickwechsel von der Tafel oder dem Buch zum Heft und umgekehrt nötig sind, für lückenhafte Seheindrücke sorgen, die das Weglassen einzelner Buchstaben oder Wörter, manchmal auch ganzer Zeilen, bedingen können. Der Zusammenhang zwischen Schwungübungen und Augenfunktionen lässt sich meines Erachtens auf eine ganz einfachen Nenner bringen. Was ich nicht richtig sehe, kann ich auch nicht richtig zu Papier bringen.

Streit im Team

Wie entstehen derartige visuelle Probleme überhaupt? Wie so oft gibt es hierauf keine allgemein gültige Antwort. Der Prozess des Sehens ist komplex. Die Augen müssen einen Seheindruck korrekt aufnehme, Nerven ihn dann über die Sehbahnen in den richtigen visuellen Kortex leiten, wo er schließlich regelhaft verarbeitet werden muss. Somit können also an mindestens drei Stellen Probleme entstehen, nämlich bei der Aufnahme, der Weiterleitung und der Verarbeitung des Seheindrucks. Meiner Erfahrung nach entstehen die meisten Problem dadurch, dass die Grundfunktionen der Augen nicht als Team agieren. Funktioniert das Zusammenspiel von Augenlinse und Augenmuskulatur nicht richtig, gibt es Streit im Team. Da die neuronalen Basisverbindungen für saubere Seheindrücke bereits mit den ersten Fortbewegungsmustern angelegt werden, legt die Problematik häufig in der frühkindlichen Entwicklung. Durch unterschiedliche Einflussfaktoren kann es passieren, dass einzelne Entwicklungsschritte nicht oder nicht ausreichend durchlaufen wurden. In der Folge kann es zu Lücken im Bauplan kommen, die ihrerseits wiederum auch für visuelle Probleme verantwortlich sein können.

Team-Training?

Kann man die Grundfunktionen der Augen als Team trainieren? Meiner Erfahrung nach ja. Nach einer Grunduntersuchung weiß ich, welche individuellen Entwicklungsschritte nicht regelhaft durchlaufen wurden, beziehungsweise gleich ganz fehlen. Ich mache in meiner Praxis die Erfahrung, dass sich diese fehlenden Entwicklungsschritte mit spezialisiertem Training nachreifen lassen. Wenn Sie wissen wollen, ob dieses spezialisiert, neurophysiologische Training auch Ihrem Kind helfen kann, lernen Sie mich am besten unverbindlich in einem ersten Telefonat kennen. Buchen Sie sich gerne ein kostenfreies 15-minütiges telefonisches Erstgespräch und wir besprechen in Ruhe, wie ich Sie und Ihr Kind unterstützen kann. Den Link zum Erstgespräch finden Sie direkt unter diesem Beitrag.

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