Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen gibt es in allen Bereichen der Sinneswahrnehmung: auditiv (hören), visuell (sehen), taktil (fühlen), olfaktorisch (riechen) und gustatorisch (schmecken). Die wohl bekannteste ist die auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS).
Wenn gesunde Ohren nicht richtig hören
Genau genommen hören die Ohren bei einer AVWS ja richtig. Das Problem liegt in der Verarbeitung im Gehirn. Aus unterschiedlichen Gründen sind die richtigen Bahnen im Gehirn für die korrekte Weiterleitung des Gehörten nicht richtig angelegt. In der Folge kann das Gehörte nicht richtig Verarbeitet werden. So kann es passieren, dass Kinder mündlichen Anweisungen nicht oder nicht vollständig folgen können, obwohl ihre Ohren völlig gesund sind. Darüber hinaus kann die gehörte Sprache nicht richtig segmentiert und diskriminiert werden, was zu einer Verzögerung der Sprachentwicklung führen kann. So kann es auch sein, dass für ein Kind beispielsweise die Buchstaben b und d gleich Klingen. Lernt dieses Kind nun schreiben kann es den Unterschied nicht verstehen.
Frühe Anzeichen
Typischerweise haben betroffene Kinder keinen Spaß an Reimen oder Singspielen. Damit fallen sie manchmal schon im Kindergarten auf. Auch dass sie bestimmte Laute nicht bilden können oder verwaschen sprechen wird oftmals bemerkt. Auch dass sie kurze und lange Laute sowie ähnlich klingende Laute nicht unterscheiden können wird bemerkt. Trotz der Probleme bei der Entschlüsselung der Sprache können diese Kinder extrem geräuschempfindlich sein, obwohl sie selbst dazu neigen, zu laut zu sein.
Auswirkungen auf den Schulalltag
Betroffene Kinder sind kaum in der Lage, sich auf eine einzelne Stimme zu konzentrieren, wenn sie diese aus Hintergrundgeräuschen herausfiltern müssen. Bei mündlichen Aufgaben und Diktaten sind sie im Nachteil, da sie nicht sauber verarbeiten können, was gesagt wird. Da sie manche Laute nicht von einander unterscheiden können, haben sie große Schwierigkeiten mit dem Erwerb der Schriftsprache, weshalb sie falsche Diagnosen wie Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) oder Legasthenie erhalten können.
Mögliche Ursachen
Für die Entwicklung des kindlichen Gehörs sind die ersten sechs Lebensjahre von großer Bedeutung. Leider ist das auch ein Alter, in dem viele Kinder unter häufigen Mittelohrentzündungen leiden. Durch die zeitweilige Beeinträchtigung des Gehörs kann es zu einer Reizverarmung im Gehirn kommen. In der Folge werden die nötigen Bahnen für Sprachdifferenzierung und -diskiminierung nicht oder nicht ausreichend angelegt.
Wenn die Augen nicht richtig sehen
Bei der visuellen Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (VVWS) verhält es sich ebenso wie bei der AVWS. Organisch sind die Augen völlig in Ordnung. Es kann jedoch passieren, dass die Funktionen der Augen nicht sauber zusammenarbeiten. Bestenfalls funktionieren Augenlinse und Augenmuskeln als Team: Die Muskulatur bringt die Augen in die richtige Position, die Linse stellt scharf. Wie in jedem Team kann es hierbei zu Unstimmigkeiten kommen. Dadurch entstehen disharmonische Seheindrücke. So können beispielsweise die Buchstaben in einander hineinlaufen, Worte falsch segmentiert und Buchstaben verdreht sein. Typischerweise können betroffene Kinder einen Teil ihrer Defizite kompensieren. Dazu benötigen sie jedoch zusätzliche Ausdauer, Konzentration und Energie, weshalb die schneller ermüden und keinen Spaß am Lesen haben.
Frühe Anzeichen
Betroffene Kinder können schon im Kindergartenalter auffallen, da ihre Grob- und Feinmotorik oft nicht altersgerecht entwickelt ist. Typischerweise haben sie keinen Spaß an Bastel- oder Malarbeiten, sie hantieren ungeschickt mit der Schere und schaffen es nicht, innerhalb der Ränder einer Malvorlage auszumahlen. Andererseits scheinen sie Adleraugen zu haben, wen sie auch kleinste Fussel vom Boden aufheben.
Auswirkungen auf den Schulalltag
In der Schule fallen betroffene Kinder einerseits durch ihre Leseunlust auf, andererseits haben sie auch große Schwierigkeiten, das Lesen zu erlernen. Das liegt nicht an mangelnder Intelligenz, sondern an ihren schlechten Seheindrücken. Das Lesen strengt diese Kinder schrecklich an und lässt sie schnell ermüden, weshalb sie häufig völlig erledigt aus der Schule kommen. Auch auf schriftliche Aufgaben wirken sich die visuellen Defizite aus. Werden die Buchstaben nicht richtig oder nicht in der richtigen Reihenfolge erkannt, kann natürlich auch nicht richtig abgeschrieben werden. So kann der Eindruck entstehen, betroffene Kinder würden unter einer Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) leiden. Darüber sind Kinder, die nicht Fixieren, also mit den Augen sauber auf einen Punkt schauen können, zumeist nicht in der Lage, sich zu konzentrieren. Eventuell fallen sie ihren Lehrkräften daher mit Konzentrationsstörungen auf.
Mögliche Ursachen
Die Funktionen der Sehverarbeitung sollten in etwa bis zum fünften Lebensjahr entwickelt sein. Auch hier werden viele Grundlagen im ersten Lebensjahr gelegt. So wird beispielsweise die Einstellung auf nahe Distanzen beim Stillen und Fläschchen trinken trainiert. Später werden beim Robben, Kriechen und Krabbeln weitere Sehfunktionen trainiert. Werden solche wichtige Entwicklungsschritte für die Sehverarbeitung zum Beispiel durch Krankheit nicht oder nicht ausreichend durchlaufen, können wichtige neuronale Verbindungen unzureichend angelegt sein.
Taktile, gustatorische und olfaktorische Auffälligkeiten
Die taktile Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (TVWS) ist sehr eng mit der gustatorischen Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (GVWS) und der olfaktirischen Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (OVWS) verbunden. Denn auch beim Riechen und Schmecken werden die entsprechenden Reize schlußendlich über die (Schleim-)Haut aufgenommen. Betroffene Kinder können für Außenstehende seltsam reagieren, da sie beispielsweise bei einer Schürfwunde unerträgliche Schmerzen empfinden und diese auch äußern, andererseits bei einer klaffenden Wunde kaum darauf reagieren. Ähnlich seltsame Reaktionen können bei Gerüchen beobachtet werden. Manche, die andere kaum wahrnehmen, können für Übelkeit sorgen, während starke Gerüche vielleicht kaum wahrgenommen werden. Viele der betroffenen Kinder essen sehr selektiv, da sie das Gefühl oder den Geschmack bestimmter Lebensmittel im Mund nicht ertragen.
Frühe Anzeichen
Typischerweise fällt die Berührungsempfindlichkeit schon früh auf, da diese Kinder beispielsweise keinen Sand anfassen mögen, Sonnencreme auf der Haut nicht leiden können oder nicht durch hohes Gras laufen mögen. Auch das oftmals sehr selektive Essverhalten kann Eltern schon früh Kopfzerbrechen bereiten.
Auswirkungen auf den (Schul-)Alltag
Unsere Haut ist für unser Selbstbild, unsere Psyche und den Umgang mit anderen Menschen entscheidend. Wer sich wohl in seiner Haut fühlt, tut sich zumeist auch leichter mit sozialen Kontakten. Betroffenen Kinder sind jedoch häufig überreizt. Außerdem haben sie typischerweise kein Empfinden für den richtigen Abstand zu anderen Personen, weshalb sie häufig drängeln oder sich gar nicht erst herantrauen. Dadurch können sie fälschlicherweise als ungezogen oder sozial auffällig eingestuft werden.
Mögliche Ursachen
Im natürlichen Geburtsprozess unterliegt die Haut des Babys extremen Reizungen. Diese werden gebraucht, um später gute Verbindungen für die Reizleitung herstellen zu können. Allerdings ist die natürliche Geburt nicht der einzige Entwicklungsschritt. Nach der Geburt ist die Berührung durch die Bezugsperson wichtig. Wie so oft kommt es auf den richtigen Zeitpunkt und auf die richtige Intensität der Reize an. Daher lässt sich nicht pauschal sagen, dass natürlich geborene Kinder einen Vorteil gegenüber per Kaiserschnitt geborenen Kindern hätten.
Was Sie bei mir erwartet
In einer rund 90-minütigen Untersuchung schaue ich mir an, welche Bausteine der neurophysiologischen Entwicklung fehlen oder nicht sauber eingebaut sind. Im Anschluss an die Untersuchung besprechen wir die Ergebnisse direkt und ich zeige Ihnen individuelle Lösungsmöglichkeiten auf.
Wenn Sie sich entscheiden, den Weg mit mir zu gehen, kommen Sie im vierwöchigen Rhythmus zu einer ca. 45-minütigen Trainingseinheit in meine Praxis. In dieser überprüfe ich den Trainingserfolg und Sie bekommen neue, individuell angepasste, Übungen mit nach Hause. Selbstverständlich leite ich diese ausführlich an und wir machen sie in der Praxis einmal gemeinsam. Zu Hause wiederholen Sie diese Übungen dann in Eigenregie. Als Zeitbedarf hierfür sollten Sie täglich 10-15 Minuten einplanen.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie nervenaufreibend Ihre Situation für Sie sein kann. Gerne unterstütze ich auch Sie als Eltern darin, endlich wieder entspannter zu werden und gelassener Reagieren zu können.
Ihr Weg zu mir
Mir ist klar, dass Sie jede Menge Fragen haben. Es ist mit wichtig, dass ich Zeit für Sie habe und Ihnen möglichst viel Klarheit verschaffe. Daher bitte ich Sie, sich ein 15-minütiges Erstgespräch zu buchen. Ich rufe Sie zum vereinbarten Termin an und beantworte gerne Ihre Fragen. Den Link zur Terminbuchung finden Sie direkt unter diesem Beitrag.
Was Sie beachten sollten
Für den Besuch in meiner Praxis entscheiden Sie sich am besten für bequeme Hosen, gerne auch Sporthosen. Bitte auch für das begleitende Elternteil, da Ihre Hilfe benötigt wird. Außerdem können Sie für sich und Ihr Kind gerne dicke Socken mitbringen. Alternativ stehen Ihnen im Eingangsbereich Hausschuhe zur Verfügung. Der Zutritt zu den Räumen mit Straßenschuhen ist leider nicht möglich, da wir oft auf dem Boden arbeiten.