Für Eltern ist es meist ganz klar: Wenn das Kind die Anweisungen nicht befolgt, hört es entweder nicht zu oder ist gerade bockig. Natürlich können Eltern weder das eine noch das andere dulden und der Ärger lässt nicht lange auf sich warten. Dabei kann es durchaus neurologische Ursachen haben, wenn Ihr Kind vermeintlich nicht zuhören.
Sprachverarbeitung
Zumeist nehmen die Ohren das gesprochene Wort einwandfrei auf und leiten den Reiz ins Gehirn weiter. Hier beginnt nun ein komplexer Decodierungsprozess, die Sprachverarbeitung. Um Sprache sauber entschlüsseln zu können, werden beide Gehirnhälften benötigt. Auf der logikdominanten Seite wird die Grammatik entschlüsselt, auf der gestaltdominanten Seite die Sprachmelodie. In der Sprachmelodie ist auch codiert, ob am Ende des Satzes ein Punkt, ein Fragezeichen oder ein Ausrufezeichen gesprochen wird. Und das ist für das Verstehen einer Anweisung nunmal unerlässlich. Darüber hinaus muss die Verarbeitung in der richtigen Sequenz, also in der korrekten Abfolge erfolgen. Geschieht das nicht, können Teile der Anweisung verloren gehen oder es entstehen wirre, zusammenhanglose Sprachfetzen.
Häufige Mittelohrentzündungen
Meiner Erfahrung nach sind Kinder, die unter häufigen Mittelohrentzündungen leiden, eher betroffen. Meist besteht bei ihnen eine gewisse Disposition im Kindergartenalter. In dieser, für den Spracherwerb wichtigen Phase, wirken sich die entzündlich geschwollenen Gehörgänge besonders nachteilig aus. Es kommt zu einer Reizarmut im Gehirn. In der Folge werden viel weniger synaptische Verbindungen angelegt. Diese fehlen wiederum später für die Decodierung der Sprache. Übrigens haben diese Kinder typischerweise häufig auch Schwierigkeiten beim Erwerb der Schriftsprache.
Eine Frage des Gleichgewichts?
Was häuft übersehen wird, ist dass beim Befolgen von Anweisungen auch der Gleichgewichtssinn beteiligt ist. Ich weiß, das klingt verwirrend. Lassen Sie es mich erklären: Wenn das Kind beispielsweise die Anweisung bekommt, den Tisch zu decken, braucht es neben dem Wissen über die nötigen Utensilien auch eine räumliche Orientierung, um diese richtig auf dem Tisch platzieren zu können. Und genau für diese räumliche Orientierung braucht es einen gut funktionierenden Vestibularapparat. Dieser liefert die nötigen Informationen welcher Gegenstand sich in welcher Position und Entfernung zum Körper des Kindes befindet und wieviel Kraft nötig sein wird, um einerseits die Schwerkraft zu überwinden, andererseits das Geschirr nicht zu wuchtig auf den Tisch zu stellen.
Ruhe bewahren
Wenn Sie also bei der nächsten Anweisung von Ihrem Kind keine oder nicht die gewünschte Reaktion bekommen, versuchen Sie ruhig zu bleiben. Schimpfen hilft leider nicht die Gehirnzellen auf Trab zu bringen.
Hopfen und Malz verloren?
Keine Sorge, es sind nicht Hopfen und Malz verloren! Ich mache in meiner Praxis die Erfahrung, dass sich viele neurologische Funktionen nachbilden lassen. Diese wundervolle Eigenschaft des Gehirns nennt man Neuroplastizität. Sie beschreibt die Fähigkeit zur Anpassung, Reorganisation und Neubildung.
Sie sind nicht schuld!
Nur falls Sie sich gerade fragen, was Sie falsch gemacht haben: Nichts! Sie sind nicht schuld! Konzentrieren Sie sich lieber auf mögliche Lösungsansätze. Wenn Sie mich unverbindlich kennen lernen möchten, buchen Sie sich gerne ein kostenfreies 15-minütiges telefonisches Erstgespräch und wir besprechen in Ruhe, wie ich Sie und Ihr Kind unterstützen kann. Den Link zum Erstgespräch finden Sie direkt unter diesem Beitrag.